Mit: Stephan Groetzner - Interview * Robert Prosser * Rainer Wedler * Safiye Can * Johannes Witek * Wolfgang J. Fink * Elias Hirschl * Demian Lienhard * Sabine Eva Rädisch * Hanna Straßburger * Tanja Hanika * Silvia Waltl * Franz Miklautz * Ulrike Winkler * Manfred Schrempf * Lydia Mittermayr * Franz Friedrich Kovacs * Harald Vogl * Christian Peitzmeier * Rudolf Kraus * Ella Marouche * Marco Frohberger * Simon Doujak * Harald Jöllinger * Der Wortvertreter
Rezensionen: Eberhard Rathgeb - Kein Paar wie wir * Harald Darer - Wer mit Hunden schläft * Robert Schindel - Der Kalte
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DUM-Interview: "Etwas mijaulte" mit Stephan Groetzner
Leseproben aus DUM 67:
DORNRÖSCHEN, LIEBCHEN
(Safiye Can)
Die Fender ist zertrümmert, mein Herzblatt
wenn du Nachhause findest
bring Papers mit
auch Mischtabak.
Barbie ist vergiftet, Sahnehäubchen
werde mich hinlegen
wenn du den Heimweg findest
dreh den Gashahn ab.
Mischpult ist nicht mehr, Spätzchen
tragisch, doch Unfälle passieren
solltest du zur Wohnung finden
darfst du die Wände neu tapezieren.
...
KONKURRENZ
(Johannes Witek)
Ich habe eine Amsel gemalt, die
nicht fliegen kann. Es ist tragisch und genial
und eine Metapher für die ganze Welt.
Das Problem ist: Auch ein Mann namens Gernot Tschurtschenthaler
aus Ried im Innkreis
hat eine Amsel gemalt, die nicht
fliegen kann.
Aber meine ist besser als seine.
Jeder kann das sehen: Die Federn,
der Schwung der Flügel, wie sie sich abmüht,
die Schweißtropfen
(Vögel schwitzen nicht),
das Ansetzen zum Abflug der nie gelingt ...
Mir ist egal was die Welt sagt.
(Nur wenn Sie nichts sagt, ist es schlimm.
Zu mir. Äh, meiner Amsel.)
...
PULVER
(Elias Hirschl)
Wenn ich der Medizin des 21. Jahrhunderts Glauben schenken darf, kann ich mit den Kalorien, die ich heute zu mir genommen habe noch circa 12 Stunden in diesem Tempo weiterlaufen, ehe meine Muskeln versagen oder meine Lungen kollabieren oder mein Herz aufhört zu schlagen, dachte sich Erwin Schulz.
Die Allee, die er vor fünf Minuten hinter sich gelassen hatte, war bereits außer Sichtweite und die letzte Straßenlaterne hatte inzwischen aufgehört zu leuchten, was die Straße in eine angenehme Finsternis hüllte, die gleich der aufgehenden Sonne weichen würde.
Sein Herz schlug so schnell wie bei seinem ersten Mal in der unangenehm feuchten Kälte des einzigen Dorfbordells weit und breit und Erwin erkannte, dass er sich mehr auf das Laufen konzentrieren könnte, wenn er es endlich schaffen würde, den Stimmen in seinem Kopf weniger Aufmerksamkeit zu schenken, die ihn unablässig daran erinnerten, dass er sich eine Waffe besorgen und damit um sich schießen sollte.
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KLEINES DING, GROSSE WIRKUNG
(Tanja Hanika)
Der Sprengsatz war schon vor einiger Zeit gelegt worden. Bald schon würde die Bombe hochgehen. Es gab zwar keinen richtigen Countdown, aber wenn die richtige Zeit erst gekommen war, würde es kein Halten mehr geben.
Die Bombe war sehr unscheinbar, klein und weiß, und dennoch traute sich kaum jemand an sie heran. Sie wurde gut bewacht von einer wachsamen, eifrigen Gestalt, die alles im Griff und im Blick hatte, und die man mit dem Codenamen "die Glucke" versehen hatte. Mit der Detonation wurde jeden Augenblick gerechnet, die Spannung in der Luft war fast greifbar.
Wie jeden Tag ihres bisher sehr kurzen Lebens genoss es die kleine Emma nichts tun zu müssen. Um sie herum war es warm und dunkel, flauschig und eng, aber sie fühlte sich sehr geborgen. Sehen konnte sie noch nichts, aber die Geräusche der Außenwelt drangen bereits an sie heran. Irgendetwas ging da draußen vor. Sie fühlte sich aber sicher und geborgen, so wie immer.
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BÜLENT VERLIERT EINEN STAMMKUNDEN
(Ella Marouche)
Auf dem Spielplatz steht eine Schaukel. Die kommt in dieser Geschichte nicht vor. Auf dem Spielplatz steht ein Klettergerüst. Das kommt in dieser Geschichte nicht vor. Auf dem Spielplatz steht eine Wippe. Die kommt in dieser Geschichte nicht vor. Neben dem Spielplatz ist ein Bolzplatz. Der kommt in dieser Geschichte nicht vor. Neben dem Bolzplatz ist ein Parkplatz. Der kommt in dieser Geschichte nicht vor. Auf dem Parkplatz steht ein Auto. Das kommt in dieser Geschichte nicht vor. In dem Auto liegt ein Atlas. Auf Seite sechsundsiebzig gibt es eine Karte von Sardinien. Sardinien liegt mitten im Meer. Diese Geschichte beginnt am Meer. Und mit einer Möwe.
Beinahe im Meer, am Ende eines langen Piers, an einem breiten Ostseestrand, pickt eine Larus Minutus, eine Zwergmöwe, genussvoll auf ihr Mittagessen ein, wobei sie ständig Seitenblicke wirft. Immer gibt es größere Möwen. Überall. Ständig schnappt ihr jemand ihren Fang, na gut, Fund, vor dem Schnabel weg, das ist nicht nett. Sie schaut nach rechts, nach links, nach oben, und macht sich weiter über den Finger her, knusprig frittiert ist der, vielleicht fehlt ein Hauch Salz, sonst ist er wirklich sehr gut gelungen, sie schaut nach rechts, nach links, nach oben, innen ganz zart, schön groß ist er auch, sie schaut nach rechts, nach links, nach oben, der linke Ringfinger einer männlichen Hand. Das weiß die Möwe nicht. Der rechte hätte genauso geschmeckt.
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