Mit: Martin Peichl - Interview * Julian Stockinger * Katharina Laimer * René Oberholzer * Leander Beil * Oliver Bruskolini * Martin Peichl * Daniela Dangl * Gudrun Breyer * Katharina Ludwig * Iris Gassenbauer * Esma Ahmedi * Daniel Klaus * Gregor Guth * Gerhard Benigni * Angelika Polak-Pollhammer * Günter Kowatschek * ChristiAna Pucher * Katherina Braschel * Christine Steindorfer * Sophia Fritz * Andrea Ch. Berger * Doris Nußbaumer * flimmern.fischen
Rezensionen: Martin Peichl - Wie man Dinge repariert * Eva Lugbauer - Und am Ende stehlen wir Zitronen * Thomas Sautner - Großmutters Garten
Zeichnungen: Eckholz, Oleg Estis
Preis: EUR 4.- (EUR 7.- außerhalb Österreichs)
Förder-Abo (4 Ausgaben): EUR 15.- (EUR 20.- außerhalb Österreichs)
Bestellung: Online, per E-Mail (dummail@gmx.at) oder unter 0664 / 4327973.
DUM-Interview: "DAS WALDVIERTEL IST EINE METAPHER" mit Martin Peichl
Leseproben aus DUM 89:
WENN DER SCHNEE NOCH NICHT GANZ WEG IST
(Martin Peichl)
Wenn der Schnee noch nicht ganz weg ist, wenn sich der letzte Schnee in grauen Gatsch verwandelt hat, wenn jede Eisplatte, auf die ich steige, THE ONE sein könnte, die eine Eisplatte, auf der ich ausrutsche und mir den Schädel aufschlage, mir den Schädel spalte, weil ich in einem blöden Winkel gegen ein parkendes Auto stürze, wenn der letzte Schnee schon fast nur mehr ein Geruch ist, wenn ich Werbeanzeigen auf Tinder für die Dinge von meinem Amazon-Wunschzettel bekomme, die mir meine Familie nicht zu Weihnachten geschenkt hat, wenn mir meine Lektorin sagt, ich sei wie ein Selbstbedienungsladen und mit ihrer rechten Hand eine Bewegung macht, als würde sie in mich hineingreifen, wenn das letzte Bier nach der Sperrstunde leer wird und ich den Bierdeckel zwischen meinen Fingern zerrieben habe, wenn mein Handy anzeigt, dass ich noch 69% Akku habe und keine neue Nachrichten, auch kein SUPERLIKE, und warum schaut sich niemand meine Instagram-Storys an, wenn mein bester Freund schreibt, ich soll ihn bald wieder im Waldviertel besuchen, sein Sohn kann jetzt schon gehen, sie verbringen viel Zeit am Kinderspielplatz, und dann schickt er mir ein Foto von einer Sandkiste mit löchrigen Plastikkübeln und kaputten Plastikschaufeln, wenn meine Therapeutin sagt, ich soll mir die Vergangenheit als eine Art Fluss vorstellen, als einen FUCKING FLUSS, musst du dir vorstellen, ich meine: was stimmt mit meiner Therapeutin nicht, ...
KREISCHSAAL
(Katharina Laimer)
Dass alles flöten gehen würde, wollte er nicht hören. Also hatte ich gelächelt und gesagt, dass es okay wäre. Das war eine Lüge, aber wenn sie aus der Not geboren wird, ist das schon in Ordnung, heißt es immer. Also hatte ich gelächelt. Und behauptet, dass es okay wäre. Und schon hatte er sich erhoben, den Tisch etwas verrückt, um zwischen ihm und der Bank gerade stehen zu können, mir einen Kuss auf die Wange gegeben, sich durch die Lücke geschoben und war gegangen. Und jetzt hängt sein liebevolles "Bis später!" auf halbem Weg zwischen mir und der Tür, die er gerade - nicht zu laut, aber auch nicht zaghaft - hinter sich geschlossen hat, in der Luft. Aus der Nachbarswohnung dringt lautes Jubeln, weil ein beliebiger Sportler in einer beliebigen Sportart beliebig erfolgreich war. Das weiß ich, weil die Wände dünn sind. Fast schon wie in Japan, da sind die Wände aus Papier, heißt es. Japaner haben vermutlich nur sehr leisen Sex. Oder sie sind einfach nicht prüde. Nicht so österreichisch, weil in Österreich ist so ein bisschen Sex schon ein bisschen skandalös. Als ob dieser langschnabelige Vogel nach wie vor die Babies nach Gutdünken vor irgendwelchen Haustüren verteilen würde. Oder die Hebammen sie aus irgendeinem verwunschenen Brunnen fischen oder im Wald an einem alten, knorrigen Baum pflücken und in die Häuser bringen würden. Nein, das ist heute anders - heute wird geboren und entbunden, aber wie. Die Geschichten kenne ich. Und sie sind nicht schön, und darüber nachzudenken tut dem Seelenheil nicht gut. Mich schaudert.
Er möchte dabei sein, im Kreißsaal, hatte er gesagt. Und gelächelt. Und deshalb hatte ich eben auch gelächelt. ...
SPRITZIGE MANNERSCHNITTENPALÄSTE
(Esma Ahmedi)
die mannerschnittenbrösel in meinem ausschnitt die mannerschnittenbrösel unter meiner haut in meinem bett auf meinem auf deinem polster unter meiner bettdecke in deiner stirnfalte in dem blick deiner augen in den dunkelsten sackgassen deiner falten du bist so alt geworden so sehr bist du gealtert in einer nacht ich will dich noch älter sehen wie sehr kannst du altern in einer nacht wie sehr werden unsere mannerschnitten bröseln heute nacht auf unsere haut unter die haut kriechen unsere fingerspitzen benetzen unter unsere fingernägel kriechen und reisen quer drüber über unsere körper unsere körper eine mannerschnittenbröseldeponie heute nacht glänzen wir heute nacht dein schweiß und mein schweiß und brösel heute nacht sind deine wimpern parkplätze für mannerschnittenbrösel ich will mannerschnitten auseinandernehmen mit dir heute nacht mannerschnitten bröseln sehen auf dir und parkplätze besetzen wie hungrig bist du heute nacht nur süsses heute vertragen wir nicht mehr ein treffen deine fingerkuppen mein hals mannerschnitten und das wars ...
BUSINESS-KNIGGE
(Gregor Guth)
Ob Stehempfang, fünfgängiges Galadinner oder Business-Lunch mit dem neuen Kunden: Wer in Anwesenheit des Vorgesetzten oder eines Geschäftspartners in Ohnmacht fällt und mit dem Kopf voran auf den Boden schlägt, bringt damit zum Ausdruck, dass die eigene Bewusstlosigkeit wichtiger ist als das geschäftliche Get-together. Es zeugt nicht von Stilsicherheit und macht keinen souveränen Eindruck, wenn Sie sich ganz ohne Bewusstsein auf dem Boden krümmen und in einem epileptisch anmutenden Krampfanfall die halb geöffneten Augen verdrehen. Mit diesem Verhalten signalisieren Sie nichts anderes als fehlende Willenskraft und Desinteresse an Ihrem Gegenüber. In vielen Situationen des Geschäftslebens stellt ein Ohnmachtsanfall eine Herausforderung dar, die es mit Takt und Einfühlungsvermögen zu meistern gilt. Wenn Sie beim Business-Lunch den drohenden Kontrollverlust rechtzeitig bemerken, entschuldigen Sie sich mit den Worten "Sorry, ich möchte mich kurz frisch machen" vom Tisch. Dabei ist es ratsam, mit der Ohnmacht solange zu warten, bis Ihr Geschäftspartner zu Ende gegessen hat. Im besten Fall verzichten Sie ganz darauf, Ihr Bewusstsein zu verlieren. Seien Sie sich außerdem stets bewusst, welchen Eindruck es erweckt, wenn Sie sich unvermittelt übergeben müssen und Ihr Erbrochenes auf dem Teller des neuen Kunden zu liegen kommt. ...
Angelika Polak-Pollhammer
hundsdreck in pinke sackln
taschentiacherbluamen
in ganzn weg entlang
darzwischn
a paar laare bichsn
cola red bull bier
kuane gsundn kreiter