DUM NR. 32

THEMA: V.ER.LESEN
Mit: Christopher Staininger (Interview) * Philipp do Canto Lagido * Rüdiger Saß * Helwig Brunner * Katharina Winkler * March Höld * Stefan Rois * Roman Weyand * Andreas Stöger * Katarina Niksic * Robert Anders * Regina Hilber * Rainer Hawlik * Franz Gschaider * Christian Jäger * Peter Pflügler

Rezensionen: Martin Amanshauser - Chicken Christl * Doron Rabinovici - Ohnehin * Jochen Neumeyer - Sommerstarre

Preis: EUR 3,30.-
Förder-Abo (4 Ausgaben): EUR 13.-
Bestellung: Online, per E-Mail (dummail@gmx.at) oder unter 0664 / 4327973.


Leseproben aus DUM 32:

FERNSEHABEND
(Jäger Christian)

Aufgeregt ist Marta heute, Willi, ihr Mann, nicht so sehr. Er macht sich nichts aus groß angekündigten Fernsehsendungen. Doch Marta, ja, sie liebt das, die Spannung, die Neugier, welche derlei Ankündigungen in ihr hervorrufen.
Veronika, die Nachbarin, wird sich dazugesellen an diesem ganz außergewöhnlichen Abend. Alleine möchte sie dem Ereignis nicht beiwohnen. Sie kann die Spannung nicht ertragen, wird dermaßen kribbelig, daß sie es in der Einsamkeit ihrer Wohnung nicht aushält. So hat sie sich selbst eingeladen zu Willi und Marta, den lieben Nachbarn.
...
Gespannt sitzen die drei vor dem Fernsehapparat. Die Präsentatorin der Sendung 'Überraschung' von Zick-TV kündigt mit gewichtigen Worten Quents einzigartige, noch niemals zuvor in der Geschichte da gewesene Opferbereitschaft an. Der Sender werde bis zum Ereignis selbst nichts verraten.
Quent, der Popstar möchte Gutes tun. Beliebte Nummern singt er, Gassenhauer, die jeder mag. Reich sei er geworden, bekommt man zu lesen, sehr sehr reich. Nun möchte er der Menschheit einen Dienst erweisen.
...
Der Künstler sei damit einverstanden, auch die Voruntersuchung filmen zu lassen, ohne des üblichen Schutzes der Intimsphäre durch einen Wandschirm. Die Stimme des Moderators überschlägt sich vor Aufregung.
Eine Werbeeinschaltung unterbricht die Sendung. Veronika ist enttäuscht, Marta auch. Die Nacktheit des Stars, sind sie sich einig, sei viel zu kurz zu sehen gewesen.
"Augenauswischerei!", schimpft Veronika und führt ein dick mit Aufstrich versehenes Brötchen zu ihrem Mund. Willi schüttelt den Kopf und gießt sich Wein ins Glas.
...


PROSTITUTION I
(Katharina Winkler)

Knallroter Lippenstift
rougerote Wangen
schneewittchenfarbene Augenbrauen
Haut von Yves Saint Laurent.
Dahinter verschanzt:
ich.
Zigarette als Lanze.
Ich kann
dir geben, was
du verlangst
tun, was
immer du brauchst.
Nur finden
wirst du mich nicht.


DIE BLAUE STUNDE
(Rüdiger Saß)

Fett Faseler, Nachtportier im Keinsternehotel "Imperial" hastet vorm Empfangstresen hin und her. Es ist halb vier Uhr früh, Beginn der blauen Stunde, jene sechzig Minuten, in denen alles passieren kann. Der Faseler wetzt, seinen Krauskopf kratzend, immer dieselben fünfeinhalb Meter Auslegeware ab, von Wand zu Wand. Er betastet und befummelt seine Augen bei geschlossenen Vorhängen und findet, das linke sei größer als das rechte, es glupsche aus seiner Höhle hervor. Sein Ausguck grippeschmerzt, doch der Gequollenglasige, er fürchtet, ein Tumor im Tennisballformat drücke von hinten. Unlängst ist ihm die Historie eines Augenschmerzenmenschen zugeflogen, der, nachdem er endlich einen Arzt gesucht und gefunden hatte, nur noch einen Wimpernschlag lang leben durfte.