ChristiAna Pucher war in den letzten acht Jahren in den meisten DUM-Ausgaben vertreten. Sie ist neben ihren Kolleginnen Annemarie Regensburger und Angelika Polak-Pollhammer eine der aktivsten Autorinnen der Literaturplattform wortraum. Wolfgang Kühn hat seine im Tiroler Oberland lebende "Landsfrau" zum Interview eingeladen.
DUM: Du bist gebürtige Niederösterreicherin, kommst aus Drosendorf an der tschechischen Grenze, und bist Tirolerin geworden. Wie lange lebst Du schon im Tiroler Oberland? Und wie war es für Dich, dort "anzukommen"?
ChristiAna Pucher: Das Ankommen in Tirol war für mich ernüchternd. Heute nach 48 Jahren ist das Tiroler Oberland für meine Familie und mich unsere Heimat, unser Zuhause.
Wie lange hat es gedauert, bis Du in der Sprache der Heimischen "firm" warst?
Da der Tiroler Dialekt von Ort zu Ort anders gesprochen wird, war er in den ersten Monaten eine Herausforderung für mich. Vor allem mit dem "DU", das hier im Ötztal gesprochen wird, hatte ich große Probleme. Heute verwende ich dieses "DU" auch und muss mich manchmal bei der Nase nehmen, um "SIE" zu sagen. In meinen immer noch gesprochenen Waldviertler Dialekt haben sich bereits tirolerische Wörter eingeschlichen.
Wenn Du die Menschen im Tiroler Oberland mit denen aus dem Waldviertel vergleichst, was sind die Unterschiede, wo liegen die Gemeinsamkeiten?
Tiroler-Leut und Waldviertler-Leit haben ihre Eigenheiten und vergleichen möchte ich sie nicht.
Wie bist Du zum Schreiben gekommen?
Es war Bestimmung. Jedes Jahr gehen wir Frauen am Tag vor dem Hohen Frauentag (15. August) nach Obsaurs zu den drei heiligen Weiberleid. Am Weg zurück fragte ich meine Freundin Annemarie Regensburger, die Tiroler Dialektautorin, ob ihr Schreibseminar, das am nächsten Tag begann, ausgebucht wäre. Sie hat mir mit einem grantigen Nein, einer hat mir abgesagt, geantwortet. Aber im gleichen Atemzug hat sie mich aufgefordert: "Morgen kommst du!" Tatsächlich fasste ich Mut und bin neugierig zu diesem Workshop gefahren. Es hat mir Spaß gemacht und im Herbst wurde ich von Annemarie zu den monatlichen wortraum Treffen eingeladen. Allerdings schrieb ich schon immer Gedankenfetzen und so manche Sätze auf.
Du bist in mehreren Anthologien vertreten, Deine Texte werden regelmäßig in Literaturzeitschriften wie "Morgenschtean" und "DUM" abgedruckt. Wird es in absehbarer Zeit auch einmal einen eigenen Lyrikband geben?
Ein Teil von meinem Vorhaben ist noch in meinem Kopf. Ein Teil ist schon fertig.
Du wurdest 2019 mit dem Forum Land Preis in der Kategorie Lyrik ausgezeichnet. Welchen Stellenwert hat dieser Preis für Dich?
Der Forum-Land-Preis ist etwas Besonderes für mich und war eine große Überraschung. Für mich ist dieser Preis eine Bestätigung für mein Schreiben. Vor allem, mich freute besonders, dass bei der Laudatio betont wurde, dass nur Frauen die drei Preise gewonnen hatten.
Eine der Anthologien, in denen Du vertreten bist, trägt den Titel "Reifes Korn keimt aufs Neue. Psalmen neu interpretiert". Die Auseinandersetzung mit Glauben und Religion, ist das etwas, das Dich immer schon beschäftigt hat?
Je älter ich wurde, umso mehr habe ich mich mit Religionen auseinandergesetzt und festgestellt, dass alle Religionen einen Männer-Herrschafts-Glauben haben. Frauen finden darin kaum Platz. Heute ist mein Glaube sehr weiblich geworden. "Meine Mutter hat mich geboren und zu unserer ewigen Mutter werde ich irgendwann zurückkehren." Dieser Satz hat schon einigen Menschen Trost und Hoffnung gegeben, um ein gutes Ende zu finden.
"Schreiben ist für mich eine Wanderung zum kritischen Hinterfragen des Menschenbildes, wobei mir der Wert des Weiblichen erst richtig bewusst wird" liest sich in Deiner Kurzbiografie in der vorhin genannten Anthologie. Ist der "Wert des Weiblichen" in Tirol ein anderer als beispielsweise in Niederösterreich?
Nein, "der Wert des Weiblichen" ist in ganz Österreich gleich. Wir brauchen nur aufmerksam Literatur, Kunst, Wirtschaft und Politik verfolgen. Im Augenblick eine minimale Wende.
Was bedeutet der wortraum für Dich?
wortraum bedeutet für mich wörtlich "dem Wort Raum geben". Sich Zeit nehmen, dasein für uns Frauen. Uns gegenseitig stärken, stützen und bereichernd sein in unseren gemeinsamen Textarbeiten und sonstigem Tun.
Tirol und Patriarchat, das wird gerne in einem Atemzug genannt. Weht den Autorinnen des WORTRAUMES, die sich in ihrer Literatur mit diesem Thema durchaus kritisch auseinandersetzen, da auch manchmal scharfer Wind entgegen?
Da kann ich nur antworten: "Schade, dass Männer sich nicht gegenseitig erziehen!"
Vielen Dank für das Interview! Wir freuen uns auf den Lyrikband und wünschen alles Gute!
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