DAS WAR ICH NICHT
AUTOR: KRISTOF MAGNUSSON
REZENSION: KATHRIN KUNA
Wie schön, dass es solche Erzählerstimmen gibt! Nach seinem Debüt Zuhause im Jahr 2005 bekam Kristof Magnusson viel Aufmerksamkeit und Lob. Das hat schon manchen jungen Schriftsteller dazu verleitet, schnell was nachzuproduzieren, um noch mehr Lob und Aufmerksamkeit zu bekommen und auch zu beweisen, dass es beim ersten Mal kein Irrtum war. Oftmals ging dann viel daneben.
Wie gut also, dass Kristof Magnusson sich Zeit gelassen hatte und nun fünf Jahre später einen wunderbaren, neuen Roman vorlegt. Sein Ton hat sich noch mehr verfeinert. Ja, man könnte von einer amerikanischen Erzählerstimme sprechen. Aber wieso eigentlich? Magnusson ist vielmehr der Beweis, dass man auch als junger deutschsprachiger Autor klar und deutlich erzählen kann ohne gleich in eine popliterarische Sterilität, avantgardistische Distanz oder auch bildungsbürgerliche Arroganz abzuheben. Mit Liebe zum Detail, einer scharfen Beobachtungsgabe und einer guten Portion Ironie zeichnet er seine Figuren sehr menschlich, aber nicht dramatisch überladen oder lakonisch sentimental. Endlich gibt es wieder eine Handlung und nicht nur eine Beschreibung eines Zustands, eines Kampfs gegen oder für etwas. Es gibt Leichtigkeit und Einfachheit in der Schilderung wie die Dinge passieren, die aber gar nicht so leicht und unkompliziert sind.
Slow Food & bürgerliche Spießigkeit
Auf den ersten 90 Seiten ist man sogar kurz etwas enttäuscht und glaubt, dass aus dem wunderbaren Humor des Autors Zynismus geworden ist. Doch dann kommt alles ganz anders, scheint es und in Chicago laufen drei Schicksalsstränge zusammen. Jasper, Henry und Meike, die drei Protagonisten, denen jeweils eine eigene Erzählerstimme zugeordnet ist, treffen einander nun zufällig in Chicago in einem Coffee Shop. Ja, es ist Chicago und nicht New York. Ja, es ist der erlösende Zufall, der romantische Liebe und eine Wende im Leben der Figuren möglich macht. Möglichkeit und Hoffnung kommen plötzlich auf nach 90 Seiten Schilderung über den erfolgreichen, einsamen Banker, der sein Leben und seinen Beruf in Frage stellt, aber doch weitermacht. Auch Meike, die junge Übersetzerin, ist knapp über dreißig und steckt wie Jasper in einer der vieldiskutierten Lebenskrisen. Sie will nicht so leben wie ihre Freunde, die sich im Job behaupten und im Leben gemütlich einrichten, Slow Food toll finden und überhaupt eine neue bürgerliche Spießigkeit leben. Meike will den Autor Henry LaMarck finden, der seinen Roman nicht abliefert, von dessen Übersetzung aus dem Englischen sie aber finanziell abhängig ist. Auch er steckt nämlich in einer Krise, aber in einer ganz anderen: Er ist ein "berühmter Mann, der nicht alt sein wollte. Oder ein alter Mann, der nicht mehr berühmt sein wollte?"
Was werden die drei also in ihrer Krise machen? Ist Krise immer auch Chance? Und wenn ja, wie diese Chance nutzen? Und was, wenn dann aber doch eine viel größere Krise, eine Wirtschaftskrise, eine Bankenkrise über einen hereinbricht? Brechen Krisen über einen herein? Wie aus Abhängigkeiten lösen? Wie Abhängigkeiten akzeptieren? Wie viel Zufriedenheit im eigenen Leben ist wichtig, um sich ebenda zuhause zu fühlen und mit sich selbst im Reinen zu sein? Wie viel Erreichtes macht uns glücklich? Wie viel Unerreichtes darf uns unglücklich machen? Welchen Platz räumen wir heute dem Zufall in unserem Leben ein?
Es muss hier nicht mehr viel besprochen werden. Sie lesen es am besten selbst.
KRISTOF MAGNUSSON. KUNSTMANN VERLAG. 2010. ISBN 978-3-88897-582-0
Rezensierte AutorInnen
ADLER Helena
AERNI Urs Heinz
ANDERS Robert
AMANSHAUSER Martin
ANDRUCHOWYTSCH Sofia
ARZT Thomas
BALLARD James G.
BALLHAUSEN Thomas
BARBERO Alain
BARINGER Ewald
BARTA Dominik
BAUER Theodora
BAUER Philip
BAYER Xaver
BEICHL Moritz Franz
BELGRADO Eugenio
BENIGNI Gerhard
BILIC Ana
BINDER Markus
BIRNBACHER Birgit
BLOM Philipp
BODROŽIĆ Marcia
BOSETTI Sarah
BRAINLESS Jimmy
BRANDSTETTER Alois
BRASCHEL Katherina
BREIER Isabella
BRÖDERBAUER David
BRUNNER Helwig
BUCHER Nadja
BÜSSER Martin
CAMENISCH Arno
CAPUS Alex
CLAR Peter
CURCIO Valerio
DANGL Daniela
DANNEN Funny van
DAVID-FREIHSL
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DEHNEL Jacek
DRAGOSITS Martin
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ETTENAUER Clemens
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FEDERMAIR Leopold
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FRITZ Martin
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GLAVINIC Thomas
GLECHNER Wolfgang
GOERKE Natasza
GOSPODINOV Georgi
GÖTTFERT Constantin
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GRUNDTNER Markus
GSTÄTTNER Maria
GUGIĆ Sandra
GÜNTNER Verena
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HAGER Elisabeth R.
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HELBICH Ilse
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HINDRINGER Herbert
HIRSCHL Elias
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HÖDL Lena Johanna
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HORN Ingeborg
JASCHKE Gerhard
JUNGMAIER Marianne
KAISER Vea
KAISER-MÜHLECKER Reinhard
KAPPACHER Walter
KASSABOVA Kapka
KEGELE Nadine
KESZNER Mario
KLEMM Gertraud
KNACK Markus
KÖHLE Markus
KRANER Robert
KRAUS Rudolf
KRAUSZ Tom
KUMPFMÜLLER Hans
KUTZENBERGER Stefan
LAGGER Jürgen
LABRUFFE Alexandre
LEEB Doris
LEHNER Marie Luise
LEJEUNE Sarah Maria
LEMKE Hanna
LIND Jessica
LIPUŠ Florjan
LUGBAUER Eva
LÜSCHER Jonas
MAAS Marcel
MACK Christine
MAGNUSSON Kristof
MAYER-PROIDL Josefa
MEIER Anaïs
MEINDL Dominika
MARKOVIĆ Barbi
MEDUSA Mieze
MENASSE Eva
MILLESI Hanno
MOSER-SOLLMANN Christian
MOSHAMMER Bernhard
MUCH Theodor
MURAKAMI Haruki
NASTL Andreas
Der NINO aus Wien
NEUMEYER Jochen
NOISTERNIG Wilfried F.
NOVOTNY Franz
OBERMAYR Richard
OFENBÖCK Natalie
OFF Jan
OLIVER José F. A.
PALM Kurt
PAVLIC Andreas
PEICHL Martin
PESCHKA Karin
PETRICEK Gabriele
PLATZGUMER Hans
PODHOSTNIK Thomas
PODZEIT-LÜTJEN Mechthild
POIARKOV Rosemarie
PÖLZL Birgit
POMMES Toxische
PRÄAUER Teresa
PREM Markus
PRINZ Martin
PROSSER Robert
PRUCKNER Othmar
RABINOVICI Doron
RAICH Tanja
RANDT Leif
RATHGEB Eberhard
REGENSBURGER Annemarie
REITZER Angelika
RIEGER Barbara
RIESS Erwin
RITTER Christian
ROSEI Peter
RÖSINGER Christiane
RUDIŠ Jaroslav
SADLON Magdalena
SALOMON Bernhard (Hrsg.)
SANDIG Ulrike Almut
SAUTNER Thomas
SCHACHINGER Tonio
SCHINDEL Robert
SCHLÜTER Herbert
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SCHUBERTH Richard
SCHUTTING Julian
SCHWARCZ Barbara
SCHWETZ Christian
SEETHALER Robert
SETZ Clemens J.
SJÓN
SOLÈR Pia
SOMMER Didi
SOMMER Tobias
SOMMERER Amaryllis
STAVARIČ Michael
STAUFFER Michael
STAUFFER Verena
STEINER Elke
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STERMANN Dirk
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STRÜBING Volker
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TÖGLHOFER Theresia
TOUSSAINT Jean-Philippe
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VITOUCH Anatol
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