TROCKENES FELD
Autor*in: KURT PALM
REZENSION: Wolfgang Kühn
Der Autor und Regisseur Kurt Palm ist in der heimischen Literatur- und Filmszene kein Unbekannter. Seine TV-Produktion "Phettbergs Nette Leit" Show mit dem kürzlich verstorbenen Hermes Phettberg sind Kult geworden, ebenso sein Bestseller-Roman "Bad Fucking", der mit dem Glauser-Preis ausgezeichnet wurde, und die gleichnamige Verfilmung mit Adele Neuhauser und Michael Ostrowski. Kurt Palm hat sich im Laufe seiner künstlerischen Karriere immer wieder als Meister des skurrilen Humors erwiesen.
Doch der 1955 in Vöcklabruck Geborene beherrscht auch das ernste Fach, wie sein 2024 erschienener Roman "Trockenes Feld" eindrucksvoll unter Beweis stellt.
Kurt Palm erzählt die Geschichte seiner Familie, allen voran seiner Eltern Ana und Stjepan Palm, deren bäuerliche Vorfahren Mitte des 18. Jahrhunderts aus wirtschaftlichen Gründen Baden-Württemberg verlassen mussten und sich in Slawonien ansiedelten. Mitte des 20. Jahrhunderts mussten Ana und Stjepan Palm unabhängig voneinander ihre kroatische Heimat verlassen. Während der Vater von den Deutschen in den Krieg zum Kampf gegen die Partisanen einberufen wurde, musste die Mutter im September 1943 per Pferdetreck aus Suhopolje (zu Deutsch: "Trockenes Feld") flüchten. Der Vater kam über den Umweg Frankreich und Slowenien im Mai 1945 als Gefangener nach Österreich, die Mutter, als Deutschstämmige von den Partisanen vertrieben, strandete zunächst in Esseg, dem heutigen Osijek. Doch auch das erwies sich lediglich als Zwischenstation, von der aus es weiter nach Semlin (Franztal) bei Belgrad ging, wo sie bis Oktober 1944 bleiben konnte. Von dort dann weiter nach Mondsee, wo sie Anfang November auf einem Pferdefuhrwerk ankam.
Widerspenstiges Aufwachsen
Die Schilderungen der Gräuel des Krieges sind aber nur ein spannender Teil des Romans, der erklärt, wie es dazu kam, dass Kurt Palm in Oberösterreich zur Welt gekommen ist. Der Autor setzt seinen Eltern in diesem Buch ein spätes Denkmal, lässt ihr Leben, ihren Tod eindrucksvoll Revue passieren.
Das Buch ist jedoch nicht nur eine beeindruckende Familiengeschichte, sondern auch ein wertvolles Stück Zeitgeschichte. Kurt Palm beschreibt sein widerspenstiges Aufwachsen in der oberösterreichischen Provinz der Sechzigerjahre, erzählt vom Rebellentum, das sich einer konservativen Gesellschaft gespickt mit ehemaligen Nazis in führenden Positionen entgegenstellt, erzählt von der Tristesse der späten Sechziger / frühen Siebziger Jahre, vom Freitod eines Freundes, der von der Schule verwiesen wurde, dessen Vater ein Nazilehrer war.
Der Tod ist ein beharrlicher Begleiter in diesem 300-Seiten starken Roman, der sich trotz der teils bedrückenden inhaltlichen Schwere leicht und flüssig liest, was den sich ständig abwechselnden Handlungssträngen geschuldet ist. Vieles im Roman bleibt offen, viele Fragen, die sich der Autor über seine Familie gestellt hat, bleiben unbeantwortet, die Rolle, die der Vater wirklich im Krieg inne gehabt hat, bleibt wohl für immer ein Rätsel, die Bandbreite schwankt zwischen Täter und Mitläufer. Wie bei vielen Menschen war die Biografie seiner Eltern für Kurt Palm zu deren Lebzeiten völlig bedeutungslos, erst nach ihrem Tod hat er sich, unter anderem im Zuge einer Reise mit seiner Schwester nach Suhopolje, auf die Suche nach ihren Spuren, seiner Herkunft, gemacht.
Fazit: keine leichte Literatur, aber umso bereichernd, kurzum ein Stück Österreich.
KURT PALM. TROCKENES FELD. Leykam. 2024. ISBN 978-3-7011-8343-2.
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