Was passiert, wenn ein junger Tiroler Bursche nach Wien kommt und den Mann in sich entdeckt? Das ist die falsche Frage zu diesem Buch. Denn hier geht es um einen jungen Tiroler Mann, der nach Wien kommt und den Burschen in sich entdeckt. Und das tut bisweilen vielen gut. Auch den Lesern.
In 25 Briefen, die er in die Heimat schreibt, verarbeitet Markus Köhle unter dem Pseudonym Markus Knack seine ersten Eindrücke von und in der großen Stadt. Wie immer bunt, zuweilen grell, und skurril, zuweilen verrückt, aber stets sehr charmant. Nicht chronologisch, sondern in den Überkapiteln Arbeit, Freizeit und Nachtschicht zusammengefasst lesen wir uns durch seine Abenteuer, die nicht nur uns helfen, sondern auch den VerkäuferInnen des 20er, der Tiroler Straßenzeitung, einem Pendant zum Wiener Augustin.
Hundstrümmerl. Herrenprobleme. Heimsuchungen. Zielpunktanekdoten. Zeitmanagement. Zuchtbekundungen. Betrunkensein. Baumkreiskrise. Beschäftigungstherapie. Vermietertreffen. Vergnügungen. Vorsätzlichkeit. Obdachlosigkeit. Ofenheizen. Ordnungsrufe. Donnerstagsdemos. Dienstagsrausch. Damenbesuch. Anmachversuche. Abblitzvermutungen. Annäherungsverkettungen. Königskinder. Knödelverkostung. Kellerasselnschlamassel. Schwarzkappler. Schmerznerven. Schweinskram. Marketingkampagnen. Montagmorgen. Mentaltantra. Freifahrt. Freibier. Freitod. Nebelbänke. Nachtschichten. Niemandsland. Windböen. Wettkämpfe. Willensbrüche. Traumdeutung. Tagträume. Tiefschlafphasen. Glassplittertretmienen. Grübeltage. Gegenangriffsmaßnahme.
Sommerlochstopfstoff.
Rebellionsrecht.
Wirbelsäulenrutschbahn.
Irrtumskultur.
Nervengewitter.
Krankenkassenkampf.
Endgültig geschehen
Die Verirrungen und Verwirrungen des neu in die Großstadt gezogenen lesen sich - wie für Köhle bekannt - gut zugänglich, dennoch eindringlich, und bekömmlich ebenso wie aufstoßend. Und wenn auch in dem einen oder anderen Brief schon von Poetry Slam die Rede ist, so haben manche dieser Schriften noch wenig mit dem Wortverdreher und -vertreter, Köhle, zu tun. Man könnte die Briefe aus den Jahren 2004 und 2005 bei einer Blindverkostung wohl kaum zuordnen. (Am 10. Mai 2006 allerdings, am Wiener Stadtrand, inmitten einer Erstkommunionskinderhorde muss es dann aber endgültig geschehen sein.) Tja, aber das zeigt ja nur, dass man zu schnell literarisch voreingenommen, ja blind fordernd wird, und, was die Stadt in uns anrichten kann. Und außerdem: Hören Sie nicht auf mich, lesen Sie Köhle und spenden Sie Kohle! (www.20er.at)
MARKUS KNACK (MARKUS KÖHLE), RIESENRADSCHLAG, 25 Briefe aus Wien, Edition 20er, 2007, ISBN 3-90101529-9