AN DEN MOND

AUTOR: JULIAN SCHUTTING
Das ist total interessant wie man Lyrik schreiben kann. Wie da im Text auf etwas recht Lyrisches etwas ganz Einfaches, nicht weniger Poetisches, doch viel Einfacheres kommt. "Weiß nicht mehr" auf: "(..) dahintreibend Blatt deine Gestalt gewinnt- (..) deinen Namn zu taufen" (Seite 14). Phonetisch freue ich mich da schon auf jede kommende Zeile, jedes Ende klingt ganz neu. Manche Teile sind erzählerisch mit historischem Hintergrund (im Kapitel Politisches zum Beispiel), bewegen sich am Rande der Grenze zur Poesie und sind meiner Meinung nach gerade noch in der Geschichte. In der kurzen halt. Es finden sich Wörter ganz unterschiedlicher Art in einem einzigen Gedicht. Ja das ist total interessant. Wortkompositionen die ich SO noch nicht gehört hab, also ein Kommen von hauptsächlich Substantiva; "(..) verschlingendes Ohnmaß an Wasser" (Seite 57). Meistens hat man das Meiste ja schon gehört oder gesagt oder selbst getan.

Ich würd nicht sagen dass die Sprache Berge umwälzt, ich würd sagen, dass sie die feinen Haarrisse ebenso wie die Krater umgarnt, also das Spektrum abdeckt. Es gilt auch zu schmunzeln, den Humor zu spüren beim Lesen hervorgerufen entweder durch Inhalt und durch manche Wortwahl die den Inhalt beschreibt. Das hat schon was Anderes (für alle Grammatikfanatiker habe ich das jetzt korrekt geschrieben), nämlich was Qualifizierendes (deshalb). Herr Schutting weiss genau was er sagen will und das steht da drin. Meinereins muss trotzdem das alles nochmal lesen. Es ist nicht, dass es derart verwoben, schemenhaft wie aus einer Legende geschnitzt wäre. Will sagen, es ist nicht mühsam in der Art einen Sinn zusammenkratzen zu müssen.

Verliert sich nicht in blumig Verblühtem

Die Sprache ist viel und dicht ist sie ja auch, aber nicht übertrieben eigentlich. Er bietet mittelgrosse, kräftige Worte für kleine Dinge und es gibt kleinere, dafür mächtige Worte für die grossen Dinge. "(..) wo es Baggerschaufeln vor an den Tag Geholtem schaudert" (Seite 84) und zubereitet klingt das à la maison Schutting. Ich meine, das ist total interessant wie man Lyrik noch schreiben kann. Es hat die Idee einer alten sich windend-lyrischen Sprache und es hat was Modernes (was auch immer das ist, vielleicht die klare Linie, das einfachere, schnelle Wort).

Insgesamt mein Eindruck ist, es handelt sich um individuelle Unterhaltung, verliert sich nicht in blumig Verblühtem. Unterteilt ist das Buch in fünf Themenkapitel und ich mein es ist ein Buch für länger, die einzelnen Seiten blättern sich nicht so schnell um wie der Wind sich dreht, Gedichte nicht wie ein Fingerschnipsen im Wind und vergessen sondern ein wenig langfristiger. Und das ist gut, es ist doch gut, weil man sie öfter lesen kann und in der Lage sein wird Neues zu entdecken. Ich weiss nicht, ist es weil ich durchaus weiss, Herr Schutting ist kein Neuer, oder ist es das Geschriebene an sich das mir sagt, da muss vorher viel gewesen sein das dies entstehen lässt? Auf jeden Fall tut es gut. Schlicht gehalten das Buch, eine dunkelblaue Nacht mit vielen fernen Sternchen am Cover (zu sehen wenn man das Buch schräg zum oder gegen das Licht, das finden Sie schon raus, hält). Mondfahlfarbener Sichelmond der den Titel und den Interpreten, ich hoffe so darf ich ihn nennen, auf die Vorderseite spricht.

Fazit: Das alles und das elfzwölfte Gebot, Du sollst (dich) nicht täuschen, macht das Buch lesenswert, da nicht drin war wovon ich dachte dass draufsteht, da nicht kam was ich erwartete. Was sollst du mehr wollen.

JULIAN SCHUTTING, AN DEN MOND, Residenz Verlag, 2008, ISBN ISBN 978-3-7017-1505-3