MARA/MARA

AUTOR: JOHANNES WEINBERGER
REZENSION: KATHRIN KUNA
Geschickt verstrickt der junge österreichische Autor mehrere Handlungsstränge, also verschiedene Zeiten miteinander und erzählt auf bescheidenen 87 Seiten eine Geschichte wie einen Epos. Mit "Mara/Mara" bringt der Wiener Literaturverlag Luftschacht in der Reihe "autorenmorgen" Weinbergers drittes und damit wieder ein kleines, feines Buch heraus.

Der Titel ist in diesem Fall Andeutung und indirekte Auflösung dieser Erzählung. Mara, die Tochter, und Mara, die Mutter. Spiegelbildlich gegenübergestellt wirkt der Name gleichzeitig aber auch wie eine Wiederholung.

Mara eine Frauenfigur, die den männlichen Ich-Erzähler gleichermaßen verführt, fasziniert, irritiert und in einer gewissen Weise gebrochen hat wie die restlichen Protagonisten, ist das zentrale Motiv in dieser Geschichte.

Schon der Ausdruck Motiv und der damit verbundene Versuch des Festmachens und Strukturierens der Erzählung, zeigt die Schwierigkeit, ja die Unmöglichkeit auf, hier kurz zu beschreiben, was das Faszinierende an dieser Erzählung ausdrückt.

Das Springen zwischen den Zeiten, die dominierenden Erinnerungen des Ich-Erzählers unzertrennlich mit dem Haus der Großeltern und seiner darin verbrachten Kindheit und Jugend verbunden, ebenso wie die wehmütigen Erinnerungen von Maras Vater skizzieren einzelne Handlungssplitter.

Die düstere Stimmung, das kriminalistische Aufrollen der Geschichte durch das Kreisen um das Tagebuch von Mara, das aus Briefen an ihre früh verstorbene Mutter besteht und sich in dem Schreibtisch im Haus der verstorbenen Großeltern befindet, prägen dieses Buch. Das Spielen mit erotischen Fantasien, ja die immer wiederkehrende Anspielung auf sexuelle Nähe zwischen dem Ich-Erzähler und seinen Nachhilfeschülerinnen unterstreicht dieses Klima noch.

Gut durchdacht und strukturiert muss der Text wohl sein, dass er eine ungemütliche Spannung vom ersten bis zum letzten Satz hält und damit eine Dynamik entwickelt, die den Leser im richtigen Maße zwischen Verwirrung und Faszination hin- und herwirbelt, ähnlich wie der eben im Kino gezeigte Film "Maelstrom".

Zu gut durchdacht und zu stark inszeniert wirken daher aber leider auch manche Beschreibungen. Zu oft bedient sich Weinberger dann klischeehafter Vanitas- Motive (da ist es wieder...) wie holzhackender Krähen, sterbender Fliegen oder welkender Blumen. Dieser Kitsch droht dann die gut aufgebaute mystische Stimmung zu erschlagen.

Johannes Weinberger, Mara/Mara, Luftschacht, 2004, ISBN 3-902373-06-7