LANDAUF, LANDAB, LANDÜBER

AUTOR: EWALD BARINGER
REZENSION: ERIKA WURZENRAINER
Zum Buch als Objekt: großes, zwischen A4 und A3 angesiedeltes Schmuckstück. Rauer, grüner Einband mit einem Bild von Herrn Koenigstein das in Zusammenhang mit dem gelesenen Text am Ende anders aussieht als zuvor. Es lockt, sich zu fühlen wie jemand Kleines der/ die etwas Grosses bekommen hat und was kann Glück mehr als sich einem hinzugeben.
Zum Buch als Subjekt: von Koenigsteinschen Bildmitteilungen lateral begleiteter Text in Arial.

Meine Freude: der zugleich sitzende und stehende Hund auf Seite 14. Wenn Sie wissen wollen wie dieses Was drinsteht, dann beeilen Sie sich es zu lesen. Es gibt nur 50 Stück und erraten Sie mal die Nummer meines Exemplars. (Nein, DIE Nummer hat es nicht.)

Vorerst wird man klein sein und etwas Grosses bekommen haben, dann wird man erkennen müssen und zugeben wie groß man eigentlich schon ist. Wer lesen kann der lese und wer hören kann der lasse lesen: Es ereilt euch Wort um Wort und ich schätze, alle unsere sämtlichen Lanzen stehen schon lange ungebrochen in Ecken und Scheunen, aber gut (..). Die schon groß sind wissen das.

Jeder Art von duseliger Illusion fern

Es war mir so angenehm den Text zu lesen, die Bilder anzusehen und mich so zu fühlen als hätte ich auf irgendetwas Zugriff, der sich mir ansonst meistens entzieht. Herr Baringer ist da und hat einen Korb hingestellt. Die süßesten Früchte sind aber schon lange ausgenascht, so sie denn je da waren. Der Text kommt mir relativ ruhig entgegen, in einer unaufdringlichen Art der Sprache bringt er Wesentliches auf den Punkt. Entgegen dem Titel finde ich seine aufgestellten Bilder nicht elegisch und larmoyant, sondern durchgehend pointiert und in edle Melancholie gehüllt. Die gedruckten Bilder deuten eine Fantasie, der die Tür entriegelt wurde. Das Buch beherbergt einen Text mit dem Verständnis eines durch die Hintertür Gekommenen; also realistisch, persönlicher als seine Texte zuvor und trotz des zu vermittelnden Inhaltes auf der schlingernden Hängebrücke über dem Canyon der Schulmeisterlichkeit und jeder Art von duseliger Illusion trittsicher und fern.

Nüchtern, klar, ohne Scheu und Fazit stellen sich die gedruckten Bilder und die geschriebenen Töne den Gegenständen und dem Lauf einer Welt in einer Pole Position, um zu beobachten und wissen, selbst auch Teil dieses Weges zu sein. Das heißt: weniger ein Hindeuten, eher ein selbstverständlicher Teil jedweder Bedeutung in einer immer weiter verkleinerbaren Welt zu sein um schlussendlich trotz ungeahnter Möglichkeiten vor nunmehr zu Tatsachen mutierten Unmöglichkeiten zu stehen. Wer schon sehr groß ist erkennt das Kleine sobald es da ist.

Einsteigen in die Fahrerkabine

Nebenbei bringt Herr Baringer einen Baringer auf die Welt der in Wechselwirkung zwischen Innen- und Außenwelt >so< noch nicht unter dem Himmelszelt gesehen ward. Reine Freude und Erleichterung an der ungeschönten delimitativen Kritik, die aus der Wahrheit eines Wesens kommt und sie zu Recht preisgibt: es ist angerichtet. An den Orten einer Zeit und in der Zeit jener Orte zu sein und wir wissen, es gibt nichts wieder und nichts doppelt. Herrn Baringer auf dieser Reise zu begleiten bedeutet in die Fahrerkabine einzusteigen. Wer einmal reingegangen ist kann nicht mehr rausgehen. (Auch wenn er/sie rausgeht.) Sie sind schon groß, Sie wissen das. Wegen dem Text (und dem individuellen Zugang dazu) bin ich in seinen Ort gekommen, in dem ich ohne dieses Buch nicht wäre, mich umzusehen, und ich will gekommen sein um zu bleiben.

Fazit: Herr Baringer wird Ihnen Orte und Dinge in den Zeiten nicht mit dem Finger zeigen können, er wird sie hingebracht haben und Sie werden dort gewesen sein. Schon oft übrigens, wie Sie sich erinnern werden. Sehen Sie sich alle diese Dinge an, denn es sind auch Ihre. Sie, schon lange eingestiegen und reingegangen, wissen was (Ihnen) diese Dinge bedeuten - Sie sind ja schon groß.

EWALD BARINGER, LANDAUF, LANDAB, LANDÜBER, Elegische Triptychen, Edition Koenigstein, Klosterneuburg 2008, ISBN 9/8-3-901495-44-1