KALTSCHWEISSATTACKEN

AUTORIN: MICHAELA FALKNER
REZENSION: ERIKA WURZENRAINER
Wunderbar. Stellen Sie sich am besten eine Hand in frühmittleren Jahren vor. Und jetzt eine Faust, die langsam aus dieser Hand entsteht. Stellen Sie sich diese Faust vor, wie sie reinfährt und rumwühlt. Mal mit geschlossenen Fingern, mal mit der geöffneten Hand, aber immer weiterfährt und mit anfangs verstohlener, dennoch völlig unverhohlener, ja sogar hingerissen zu johlender Freude haben mich Michaela Falkners Sätze, als sie das Licht dieser kleinen Welt erblicken durften. Das ist das Tageslicht, das sie, wenn auch ungekannt, so doch lange schon vermisst haben. Es freut mich ungemein gemeine Sätze zu lesen, die hingeknallter, wirklicher und unbedingter glaube ich kaum sein könnten. Es ist sehr schwer einen Text zu schreiben, der ohne rührselig, ohne in der einen oder anderen Art esoterisch oder doof zu werden, in der Innenwelt bleibt, wenngleich die äußere Katastrophe dieser Familie fix und unausweichlich ist. Eine Menge an kurzen, an ganz klaren unmissverständlichen Sätzen und der lyrische Oberbau knospen mein Herz auf.

Ich vermute, viele würden gerne so schreiben wollen. Hart, poetisch, lautmalerisch und dringend. Ich kann guten Gewissens behaupten, wenn Sie Derartiges lesen wollen, dann lesen Sie jetzt mal am besten Falkner, das nächste wird sich schon finden.

Äußerlich recht hübsch eingepackt. Wenn schon kein Lesezeichenbändchen, dann gibt es zumindest den Einband mit dem die Seite festgehakt werden kann. Coverbild ziert Vorder- und Rückseite, angenehm papieren anzufassen, kleines (normales) Format.

Fürchtet euch nicht

Wenn man sich gehen lässt beim Lesen wird man in der Lage sein alles zu verstehen und erkennen zu können. Doch fürchtet Euch nicht, es handelt sich um keinen Text, der auf der Suche nach seinem Sinn ist! Wir befinden uns in der Innenwelt und nehmen Sie Ariadnes Faden und gehen Sie einfach drauflos, dieser weiß, wohin er Sie zu führen hat. Über einen Satz bin ich gestolpert, von dem ich wage zu behaupten ich kann ihn weder betrunken, noch müde, weder singend noch schlafend verstehen und auch nicht bei dem besten Willen den ich aufbringen kann. Ich bitte Frau Falkner um Verzeihung: "Mich umkonstruieren Schönheit einer versehrenden Seite neben Ivan liegen neben Ivan dahinvegetieren dürfen kreatürlich sein."

Da ist für mich vorerst nichts zu machen. Egal.

Fazit: Eine Reihe von ganz wilden familiären Inhalten, von rohen, freigelassenen, daher wohltuenden Gefühlen und von einer ungezähmten Poesie. Ferner meine Freude an diesem Entsetzlichen, dass sie es schreiben konnte und dass ich es lesen durfte. "Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne, dann springt er in den Tod." Und DAS ist nur der Anfang.

MICHAELA FALKNER, KALTSCHWEISSATTACKEN, Residenz Verlag, St. Pölten - Salzburg 2009, ISBN 978 37017 15091