GROSSMUTTERS HAUS

AUTOR: THOMAS SAUTNER
REZENSION: Martin Heidl
Was ist ein gelungenes Leben? Die Begegnung mit der tot geglaubten, unkonventionellen Großmutter, die in einem verborgenen Haus mitten im Wald lebt, bringt einer jungen Frau unerwartete Erkenntnisse, die ihr Leben auf den Kopf stellen.

Malina lebt in der Großstadt, studiert und arbeitet nebenbei in einer Bücherei. Eines Tages bringt ihr der Postbote ein rätselhaftes Päckchen, prall gefüllt mit Geldscheinen. Auf einem beigefügten Kärtchen steht lapidar: "Anbei ein paar Zettel mit Nullen drauf. Deine Großmutter." Malina kann es kaum glauben, hat sie doch die Großmutter seit Jahren für tot gehalten. Also macht sie sich auf den Weg in ihre alte Heimat, zum großmütterlichen Haus, das tief im Wald versteckt liegt. Die alte Dame, die sie dort vorfindet, ist extravagant, ausgeflippt und lebensfroh, zum Wiedersehen bietet sie ihrer Enkelin zunächst einen Joint an ...

Zur Präsentation des "neuen Sautner", wie die Buchhändlerin und Veranstalterin "Stark" - Buchhandlung Stark in Gmünd - das volle Palmenhaus in Gmünd begrüßt; ein Heimspiel sozusagen für den Autor. Und man könnte eine Stecknadel fallen hören, als der Autor mit seiner Lesung beginnt - naja, der Kühlschrank für die anschließende Literatourfeier brummt mit ...

Schönbrunnergelb in der Pampa

"I fong so an, wie's ihr a aufanga tats", eröffnet der Autor, also von Beginn an. Zielsicher gelangen wir in Großmutters Haus - in schönbrunnergelb gehalten; wer träumt nicht davon in einem schönbrunnergelben Haus in der Pampa zu wohnen (zumindest zeitweise)? Ob das schon das gelungene Leben ist?

Die Leserschaft wird aus der Sicht der "jungen" Malina ebenda hingeleitet; und es öffnet sich eine Lebenswelt, die bisher für die "Suchende" unentdeckt blieb. Die Welt der Großmutter mit all ihren Lebensfacetten. Natürlich und Gott sei Dank lebt die Großmutter auch in Klischees - der Schaukelstuhl, der ihre Gedanken in Bewegung hält, zum Beispiel.

Begleitet von Sartre und Büchner schwingen wir in die "Kräuterwelt", die rauchenderweise verzerrt wird, hinein: "Allerdings ist, was wir rasch Liebe nennen, meist doch nur die scheinheilige Sonnenseite der Selbstsucht. Verliebte müssen ihr Sein nicht aus sich selbst erschaffen, jemand anders formt ihr Ich, und das in der fantastischsten Schönfärberei".

Ausflug zu den heiligen Stauden

Nur scheitert die kleine Liebeshoffnung von Malina mit dem Hüttenbauer Jakob, der aus einem traumatischen Erlebnis heraus nicht mehr spricht, ziemlich eindeutig und klar; der Autor spielt mit uns, indem er falsche Fährten legt, mit denen er uns dann alleine lässt. So löst sich die Frage, wer wohl mit Großmutter Krystina Sex hatte, nächtens, ebenso wenig auf, wie die Hüttenfotos von Jakob - also die hätte ich nur zu gerne gesehen - und der Ausflug zu den heiligen Stauden findet nicht statt.

Bleibt der Fantasie überlassen und den eigenen Gedankenwelten. Großmutters Haus dient als Türöffner, man(n)/frau fühlt sich willkommen im Haus; ob die Leserin/der Leser eintreten mag, möge jede(r) selbst entscheiden. "Nicht jeder Weg steht dir offen, aber doch jeder Schritt". Und sollten die Schritte ins Leben nicht so gelingen, wie erhofft, gibt's immer noch die Welt der Bücher; "Helle Inseln im seichtem Tümpelmeer". Und das gibt doch Hoffnung. Und so halten wir mal inne und freuen uns bereits auf den nächsten "Sautner" ... und die aus der Literatur geschaffenen Realitäten.

THOMAS SAUTNER. GROSSMUTTERS HAUS. Picus. 2019. ISBN: 978-3-7117-2076-4