KEIN DRAMA, KEIN WITZ, ABER VON BEIDEM GENUG: MACH ES WIE DIE EIERUHR
AUTOR: ANTONIO FIAN
REZENSION: Markus Köhle
Antonio Fian kennt man. Entweder man liest regelmäßig im Standard seine Dramolette, man kennt ihn von Auftritten mit dem Kollegium Kalksburg oder hat ihn sonstwo einmal lesen gehört und das nicht mehr vergessen. Denn Antonio Fian kann sich nicht nur Dialekte sondern auch Stile von Autor_innen aneignen wie kein anderer. Neben den zwei Romanen, zahlreichen Dramolett- und Erzählbänden erscheinen immer wieder auch Gedichtbände von Antonio Fian und die sind stets mehr als nur ein Vergnügen. Denn Antonio Fian stellt sich in den Dienst der Sprache ohne diese je zum Selbstzweck werden zu lassen. Seine Texte haben immer Inhalt und Form. Er behaut die Gegenwart und feinziseliert Alltagsbruchstücke.
Nur allzu legitim, dass er zu Beginn von "Mach es wie die Eieruhr" seinen Werkzeugkasten - die deutsche Sprache samt Dialektvarianten - besingt, um sich dann munter und heiter an die Arbeit zu machen und - Zitat - "plötzlich zack / gedicht" (S. 15). Das Tool - die Sprache. Die Skills - das Geschick, Metrum und Reim, Form und Stil zum Klingen, zum Schweben oder auch mal zum Abstürzen zu bringen. Alles immer vorsätzlich und gerne auch hinterfotzig. Fians Sprachgeflechte sind im Idealfall fliegende Teppiche, die einen flugs in diverse österreichische Zustände entführen. Oftmals genügen 4 Zeilen, um eine ganze österreichische Welt zu zeichnen. So kann man mit Fians Gedichten Vierzeilenreisen unternehmen mit Fahrtrichtung "Linz und Retz" oder Land & Leute, oder Gestern und Heute oder Vergänglichkeit und Versähnlichkeit oder Ungereimtes und lustvoll Gebrochenes.
Russe oder Gott
Die Lust am Zeichnen scheint Fian nicht nur in der Covergestaltung sondern auch in den Bildgeschichtengedichten von Murmler & Laller (Teil zwei und vier des Buches) überkommen zu sein. Das sind Vierbildgeschichten. 4 Bilder, 2 Figuren, 1 Ereignis. Das kann schon auch bloßes Warten im Garten sein. Dass das nach Beckett klingt, ist schon in Ordnung. Die Kapitel tragen Titel wie: Der Streit, Die Kuh, Der Russe oder Gott. Philosophische 4-Bild-4-Zeilen-Witze könnte man Murmler & Lallers Erlebnisse nennen. In Teil 4 hat Murmler dann noch einen Auftritt: Dieses Solo für Murmler in Armenien endet mit Eiern und anderen Wurfgeschossen für Murmler und seine interkulturellen Faux pas.
Kaiserliche Fehltritte
Um kaiserliche Fehltritte geht es in Teil drei, den Limericks und im Speziellen den Ischlericks. Im Strengen der formalen und inhaltlichen Vorgaben sprengen die Ischlericks kaiserlich-private Tabus und sonstige Grenzen. Handlungs- und Entstehungsort: Bad Ischl; Figuren: Kaiser Franzl und/oder Sisi; Form: Limerick (aabba). Die Lieder und Gesänge schließlich im fünften Teil des Buches sind eine Berg- und Talfahrt, eine emotionale Achter- und eine österreichische Geisterbahn. Die Lieder haben eine melancholische Schlagseite, die Abgesänge lassen das Pathos hochleben. Das ist in Summe eine tolle Mischung.
Antonio Fian nimmt sich Großes und macht es klein, drückt große österreichische Themen in kleine, bewehrte Formen; schreckt vor nichts zurück, macht den Schreck lächerlich und spricht das Unerhörte kurz und klar aus. Und so stecken in "Mach es wie die Eieruhr" mehr urösterreichische Themen als in den meisten um Gegenwarts- und Geschichtsbewusstsein bemühten Wälzern. Und lachen darf man dabei auch noch und zwar nicht zu knapp.
ANTONIO FIAN. MACH ES WIE DIE EIERUHR. Droschl. 2018. ISBN 9783990590119
Rezensierte AutorInnen
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AERNI Urs Heinz
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ANDRUCHOWYTSCH Sofia
ARZT Thomas
BALLARD James G.
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GLECHNER Wolfgang
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GOSPODINOV Georgi
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GRUNDTNER Markus
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HAGER Elisabeth R.
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HELBICH Ilse
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MAYER-PROIDL Josefa
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OLIVER José F. A.
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PLATZGUMER Hans
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PODZEIT-LÜTJEN Mechthild
POIARKOV Rosemarie
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POMMES Toxische
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