DU BIST DRAN

Autorin: MIEZE MEDUSA
REZENSION: Wolfgang Kühn
Ich kann mich noch genau an unsere erste Begegnung erinnern, es war im Sommer 2003. Doris Mitterbacher und Markus Köhle, beide in den aktuellen DUM-Ausgaben vertreten, hatten mir eine Einladung zu einer Lesung in Wien ("Die Brücke") geschickt. Das war zu einer Zeit, als sich DUM, damals stolze zehn Jahre alt, von einer regionalen Zeitschrift zu einer internationalen Literaturzeitschrift hin bewegte, und mir mit einem Mal auffiel, dass ich von den veröffentlichten Autorinnen und Autoren kaum noch jemanden persönlich kannte. Eigentlich schade, dachte ich, nicht die Menschen hinter den Gedichten und Geschichten zu kennen, und nahm die Einladung an.

Knapp achtzehn Jahr später hat Doris Mitterbacher, seit vielen Jahren bekannt als Mieze Medusa, nach "Freischnorcheln" (2008) und "Mia Messer" (2012), ihren dritten Roman vorgelegt, noch dazu bei Residenz, einem der renommiertesten Verlage Österreichs.

In einer perfekt durchkomponierten Handlung führt Mieze Medusa ihre drei ProtagonistInnen zusammen: die Schulabbrecherin Agnesa, den erfolglosen Computer-Nerd Eduard und die vom Leben gezeichnete Alt-Achtundsechzigerin Felicitas. In kurzen Kapiteln und mit viel Humor und gleichzeitiger Empathie für die einzelnen Figuren beweist die wohl bekannteste Poetry Slammerin Österreichs, dass sie auch Roman kann.

Herzinfarkt

Agnesa verlässt das traute Nest, wo sie mit ihrer Mama, deren Lebensgefährten Nikos, ihrer Oma und den Zwillingen Eleni und Dimitris, lebt, um in einer Frühstückspension im ländlichen Bruck an der Laa endlich ihr eigenes Geld zu verdienen. Die Annäherungsversuche eines aufdringlichen Pensionsgastes lassen sie bald schon türmen und Agnesa landet wie zufällig im Haus von Hermann, seines Zeichens Vater von Eduard und Lebenspartner von Felicitas. Ein plötzlicher Herzinfarkt bringt die Handlungsstränge und die Hauptfiguren zusammen.

Mieze Medusa überzeugt in "Du bist dran" nicht nur durch die schon angesprochenen Tugenden Humor und Empathie, sie verzaubert uns auch mit vielen schönen Sätzen und Bildern. Mein absoluter Favorit findet sich auf Seite 90, als Felicitas von ihrer in Jamaica lebenden Tochter Lea erzählt, mit der sie an Geburtstagen und Feiertagen über Skype Kontakt hat: "Jetzt, wo das Reden nichts mehr kostet, fällt erst auf, wie wenig wir uns zu sagen haben."

Dieser Roman hingegen hat viel zu sagen. Und zu erzählen. Absolute Leseempfehlung!

MIEZE MEDUSA. DU BIST DRAN. Roman. Residenz Verlag. 2021. ISBN 978-3-7017-1729-3