VON SPRACHWITZ-
FINDIGKEITEN UND EXISTENZVERWEISEN
AUTOR: ELIAS HIRSCHL
Rezension von Markus Köhle
Das Dorf liegt auf der Metaebene, diese hat mehrere Etagen und dieses einen guten Schlaf, einen guten Pfarrer und einen guten Empfang. Simon Gruber (Hauptheld) ist Schreibtischtäter und opfert seine Phantasie für die zu schreibende Geschichte, er opfert auch seine Frau für das Gelingen der Geschichte und verbannt sie in den Fußnotenapparat. Das ist in diesem Roman gut möglich. Denn hier werden auch Gedanken erhängt, Kommentare missbraucht und Bewusstlose gegessen. Da sind Herzinfarkte und Götter ortsansässig und ein Dürrenmatt ist interniert. Da wird niemand in Sinnhaft genommen, da haben alle Sinnfreigang.
Selbst Typografisches ist hier ein originelles Witzereservoire. Selbst Präpositionsbedeutungsunterschied-Klugscheißereien, grammatikalische und parataktische Ausritte, Obstgeschütze, Monsteradjektive und ausdauernde Echolalie haben ihre Auftritte. Selbstredend ist dieser Roman selbstironisch, selbstreferentiell und selbstsicher aber auch stilsicher und sicher nicht festzumachen: weder inhaltlich noch formal. Dieser Roman ist ein geschlossenes System. Alles, was Böswillige kritisieren könnten, wird im Text selbst kritisiert; alles, was Wohlwollende loben könnten, gelobt.
Tollkühn, urkomisch, befreiend
Von wegen Meta-Ebenen-Roman! "Der einzige Dorfbewohner mit Telefonanschluss" ist ein tollkühner, urkomischer, befreiender Metabuckelpisten-Parforceritt. "Der einzige Dorfbewohner mit Telefonanschluss" ist ein Buch aus einem Baum mit postmodernen Wurzeln, einem absurden Stamm, groteskem Geäst, vielseitigen Blättern und schillernden Stilblüten. "Der einzige Dorfbewohner mit Telefonanschluss" ist ein Roman, der ein Verlaufen mit Ziel, ein Stolpern mit Anlauf und Vorsatz ist. Vorsätzlich werden Satzschlaufen und Kongruenzfallen gelegt. Der Roman schnappt einen behutsam, er vertraut auf die Kraft der Phantasie und ist angenehm haar-, arg- und schwerelos, ist ein freundlicher Alien. Dieser Roman hat übrigens auch eine interessante Berufsgruppen-Typologie parat: Elektriker sind die Theoretiker, Detektive sind Helden und Vorbilder, Gärtner sind immer Täter und was sind Pfarrer?
"Herr Pfarrer", sagte der Berufsberater. "Sie sind ein soziopathischer, fundamentalistischer Irrer mit einer gesellschaftlich hohen Stellung und einem ausgezeichneten Gehör - Sie sind der perfekte Mensch!" (S. 110) Und "Der einzige Dorfbewohner mit Telefonanschluss" ist ein faszinierendes Roman-Debüt.
ELIAS HIRSCHL. DER EINZIGE DORFBEWOHNER MIT TELEFONANSCHLUSS. Milena Verlag. 2015. ISBN 9783902950222
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