AURORA BOREALIS

AUTORIN: CORNELIA TRAVNICEK
REZENSION: ERIKA WURZENRAINER
Das Büchlein an sich ist recht schmuck; ein kleines Bildchen vorn erinnert mich an weitläufige Schneesteppen im Waldviertel. Warm anziehen sollte man sich aber nicht, im Inneren drinnen warten Stillleben aus Shanghai. Oder soll man doch das Hemd in die Hose stecken angesichts mancher Textinhalte die den Chill ein wenig aus der Reserve locken?

Also ich sage das dazu: ein Anfangswerk. Im eigentlichen wie auch im engsten wie auch im weitesten Sinn. Es ist Cornelia Travniceks erstes eigenes Buch und es ist auch der Stil der Texte die ich mir nicht neudenken kann. Ein solides Erstlingswerk und es verheißt etwas worauf man warten wird müssen, da es nicht zu überraschen vermag.

Stoische, resignative, intensive Beobachtung

Es beinhaltet eine Sammlung von neun Texten unterschiedlicher stilistischer Herkunft und zeichnet ein Bild von einer Art stoischer, auch resignativer auch intensiver Beobachtung von Tatsachen, Handlungen und Ereignissen die sich abspielen. Gekonnt ist die präzise, kurze Art der Beschreibung von Kleinigkeiten und trotzdem ein relativ Greifbares aus Figuren zu machen die zumeist aus der Ferne betrachtet und beschrieben werden und namenlos bleiben.

Als das Buch in mein Haus geschneit kam wie eine verirrte kleine Flocke, ausgesetzt wie die Hündchen an der Autobahn, tat es mir einerseits leid, andererseits kann so ein Buch nicht sprechen, Frau Travnicek, wie sollte es mir also mitteilen dass es rezensiert werden will? Ich vermutete ja gleich einen Irrtum und ans Lesen habe ich erst viel später gedacht, nachdem sämtliche andere Verwendungszwecke ausgeschlossen wurden. Als Teetassenuntersatz habe ich Teetassenuntersätze, als Lesezeichen habe ich Lesezeichen und für den Kopf hab ich einen Hut. Dann eben lesen.

Irgendwas fernöstlich Kluges

Die eh-schönen-Bilder aus Shanghai sind für mich wie das Unterstreichen einer von manchen Menschen, das würde ich Cornelia Travnicek so natürlich nicht unterstellen, unwürdig bzw. erbarmungswürdig praktizierten Annexion an den verheißungsvollen (?) Fernosten mit seinen Wunderbarkeiten und der vermeintlichen Entschleunigung und ich kann nicht anders als: an Europäer in Fischerhosen im Lotussitz denken mit einem Gesichtausdruck wie aus der Güteklasse A+ und dem obligaten Halblächeln auf dem Antlitz oben; es schaudert mich. Für das Buch bedeuten sie meiner Meinung nach eine (unnötig) versuchte und erhoffte Rechnung mit dem Europäer/ der Europäerin der/ die besser sein will als möglich und in den Sog einer vermeintlich besonnen asiatischen Sphäre eintreten soll, irgendwas fernöstlich Kluges. Was sicher auch gut ist, bloß zeigen mir Texte und Bilder keine unmittelbare Affinität zueinander, dieser Sog entsteht schlicht nicht. Das Coverbild des Buches hingegen hält verstohlen Händchen mit dem Inhalt.

Fazit: alles zusammen ergibt für mich einen Anfang auf einer durchaus soliden Basis deren Fundament sich aber unbedingt noch entwickeln muss um den Eindruck einer individuellen Literatur zu machen, die daran interessiert ist auf Dauer gelesen zu werden.

CORNELIA TRAVNICEK, AURORA BOREALIS, Bibliothek der Provinz
Edition Linz, 2008, ISBN 978-3-85252-875-5