Die Autorin des hier besprochenen Buches, Annemarie Regensburger, ist unseren Leserinnen und Lesern bestens bekannt, ist sie doch jene Autorin, die bis jetzt am öftesten in DUM vertreten war. Ganze 30 Mal durften wir sie in den 94 Ausgaben seit der Vereinsgründung im Jahr 1996 abdrucken, erstmals in Ausgabe # 30 im Sommer 2004. In den vergangenen fünfzehn Jahren haben wir Annemarie Regensburger als Autorin kennen und schätzen gelernt, die den Finger immer wieder in offene Wunden legt und Fehlverhalten und Missstände kompromisslos anprangert, sowohl in ihren Beiträgen für DUM als auch in ihren Büchern, die in all den Jahren veröffentlicht wurden.
In ihrem 2013 erschienenen autobiographischen Roman "Gewachsen im Schatten" lässt sie uns an ihrer eigenen Lebens- und Leidensgeschichte teilhaben, im Band "Ehe der letzte Schornstein fällt" (2014) widmet sie sich gemeinsam mit Angelika Polak-Pollhammer dem Schicksal Südtiroler Familien und ihrem fremden Zuhause, und in ihrem jüngsten Werk "Angela Autsch. Der Engel von Auschwitz" verfasst sie eine berührende literarische Biographie der Ordensschwester Maria Cäcilia Autsch, die 1944 in Auschwitz-Birkenau ums Leben kam.
Verhaftung wegen Kritik
In vier Teile gegliedert zeichnet die in Imst lebende Autorin als Ergebnis jahrelanger akribischer Recherchen das nur 44 Jahre währende Leben von Angela Autsch nach. Im ersten Teil werden Kindheit und Jugend der 1900 im Saarland geborenen Maria Cäcilia Autsch beleuchtet, ihr aufopferndes Wesen und ihr innigster Wunsch, eines Tages ins Kloster gehen zu dürfen. Teil 2 widmet sich der Zeit, die Maria Cäcilia Autsch ab 1933 im Kloster der Trinitarierinnen in Mötz nahe Imst verbrachte, bis hin zum Jahr 1940, kurz bevor sie wegen kritischer Aussagen über Adolf Hitler festgenommen wurde. Der dritte Teil beginnt mit ebendieser Verhaftung, dem in Innsbruck beginnenden Leidensweg und der Überstellung ins Konzentrationslager Ravensbrück am 28. August 1940. Der vierte und letzte Teil des Buches umfasst den Zeitraum vom Transport nach Auschwitz am 26. März 1942 bis hin zu ihrem Tod am 23. Dezember 1944 in Auschwitz-Birkenau.
In Ravensbrück und Auschwitz musste Maria Cäcilia Autsch im Lazarett arbeiten und konnte durch ihre tiefe Religiosität und ihre bedingungslose Hilfsbereitschaft die Leiden vieler Gefangener und Todgeweihter zumindest etwas lindern. Von Mai 1943 bis zu ihrem Tod war sie der Küche im SS-Lazarett zugeteilt, half auch hier nach bestem Wissen und Gewissen, stellte den Mensch vor das Regime. Annemarie Regensburger zitiert in ihrem Buch zahlreiche Mitgefangene und Zeitzeugen, wie etwa Rosa Jochmann, und lässt uns am Briefverkehr der Maria Cäcilia Autsch mit den Ordensschwestern in Mötz, sowie mit ihrer Familie im Saarland teilhaben und porträtiert auf 235 Seiten eine ungewöhnliche Frau, die mutig und selbstlos ihren unabänderlichen Glauben und ihre unerschütterliche Nächstenliebe dem unmenschlichen Terror des NS-Regimes entgegenstellte.
Berührendes Zeitdokument
Annemarie Regensburger hat anlässlich des 75. Todestages des "Engels von Auschwitz" ein spannendes, berührendes und zugleich erschütterndes Zeitdokument geschaffen. Neben historischen Fakten, die von der Autorin mit viel Sorgfalt und Feingefühl zu einer literarischen Biografie gewoben wurden, dürfen wir im Buch auch an ihren Recherchen teilhaben, die sie unter anderem zum Trinitarierinnenorden nach Mödling führten.
Auf die eingangs erwähnten Publikationen von Annemarie Regensburger zurückkommend, soll abschließend auch noch ihre wichtige Rolle als Fördererin von vornehmlich Autorinnen aus dem Oberländer "Wortraum" gewürdigt werden und auf die in den letzten Jahren von ihr herausgegebenen Anthologien "Eppes tuet sig", "Eppes riahrt sig" und "Reifes Korn keimt aufs Neue" (alle drei im Kyrene Verlag erschienen) mit einer Leseempfehlung hingewiesen werden.
ANNEMARIE REGENSBURGER. ANGELA AUTSCH - DER ENGEL VON AUSCHWITZ. Tyrolia. 2019. ISBN 978-3-7022-3812-4